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Laura Rodríguez Alonso
Das Leben in Deutschland aus spanischer Sicht
Der Text, entstanden im Rahmen der Lehrveranstaltung Alemán VI (2003/04) wurde für die Veröffentlichung geringfügig überarbeitet.
Erschienen: September 2005
Empfohlene Zitierweise:

Laura Rodríguez Alonso: Das Leben in Deutschland aus spanischer Sicht (September 2005), in: g-daf-es <http://www.g-daf-es.net/lesen_und_sehen/germanistik/lra1.htm>.

Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter die URL-Angabe in runde Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse.

Deutschland und Spanien sind zwei europäische Länder, die auch Mitglieder der europäischen Union sind. Obwohl mir die Klischees, die man immer wieder über dieses Land und über seine Einwohner hört und liest, bekannt waren, als ich nach Deutschland kam, hatte ich an einen Kulturschock gedacht. Das Aussehen der Deutschen, die Supermärkte ... alles! Am Anfang war es mir, trotz der vielen Unterschiede, so nah!

Es ist immer interessant und lustig, diese Unterschiede zu erkennen, und noch interessanter ist es, sie zu verstehen, oder es zu versuchen. In vieler Hinsicht habe ich mich angepasst, d.h. ich habe die deutsche Kultur übernommen. Viele meiner alten Gewohnheiten habe ich geändert. Manches habe ich sehr gern übernommen, dieses ist die positive Seite des Kulturschocks, (vielleicht kann man hier nicht über Kulturschock, sondern eher über kulturelle Unterschiede sprechen) und manche habe ich zwangsläufig übernommen. Der Teil, den ich zwangsläufig übernommen habe, hat einen Kampf mit mir selbst verursacht. Ich musste auf viele Aspekte der eigenen Kultur verzichten, die einfach ein Teil des Menschen sind, und andere Aspekte, die mir völlig fremd waren, akzeptieren. Diese Tatsache kann leicht zum Gefühl der Entwurzelung oder der Unzufriedenheit mit sich selbst führen. Deswegen hat ein Prozess bei mir angefangen, in dem ich viel über mich selbst und über die Kultur, die mich seit vier Jahren umgeben hat, reflektierten musste. Darüber hinaus habe ich versucht, diese Unterschiede zu realisieren und zu rationalisieren, und einen Mittelpunkt zu finden, in dem ich und meine Umgebung sich wohl fühlen. An diesem Punkt habe ich das erste Mal in meinem Leben einen Kulturschock gespürt.

Es war noch härter, weil ich nicht darauf vorbereitet war, denn ich habe nur eine andere Sprache erwartet, aber nicht einen anderen Kommunikationscode, der schwieriger zu lernen ist als die Sprache.

Jetzt möchte ich gern Beispiele von den beiden erwähnten Hinsichten geben, d.h. die positiven und die negativen Aspekte.

Die Art und Weise der Begrüßung. Wir Spanier haben eine fast pauschale Weise der Begrüßung, die auch für jede Art von Beziehung gültig ist: Los dos besos, d.h. zwei Küsse auf die Wange Alle Menschen begrüßen sich so, mit Ausnahme von Mann zu Mann, in diesen Fällen wird einfach die Hand gegeben. In Deutschland gibt es drei Arten und Weisen der Begrüßung. Die Erste: Sich nur kurz Hallo sagen und kurz lächeln. Die Zweite: Die Hand geben, diese ist die häufigste, und diese ist auch gültig für alle möglichen Kombinationen zwischen Männern und Frauen. Und die Dritte: sich umarmen, diese ist ein eindeutiges Zeichen von Vertrauen, und es ist, wie die zweite, gültig für alle Kombinationen. Zu Beginn meines Aufenthaltes in Deutschland fiel es mir sehr schwer, auf die zwei Küsse auf die Wange zu verzichten. Langsam habe ich es mir abgewöhnt und mich an das andere Verhalten gewöhnt, aber trotzdem habe ich lange gebraucht, bis ich nach Gefühl wissen konnte, welche von den drei Begrüßungsarten bei jeder Gelegenheit die richtige war. Mittlerweile habe ich dieses Gefühl erworben und wenn ich wieder in Spanien bin, habe ich Hemmungen, wenn ich jemanden, den ich gar nicht kenne und den ich wahrscheinlich nie wieder sehen werde, oder der mir unangenehm ist, auf die Wange küssen muss. Die Situation hat sich jetzt geändert: Was mir früher fremd in einem fremden Land war, ist mir jetzt fremd in meinem Heimatland. Was dieses Thema angeht, habe ich viele Theorien, warum die Deutschen bzw. die Spanier unterschiedliche Begrüßungen haben, aber hier werde ich aus Platzgründen nicht darauf eingehen.

Höflichkeitskonventionen. Hier haben wir einen anderen Aspekt, der zu Konflikten oder zu Missverständnissen führen kann. Es ist weltweit bekannt, dass Spanier eher grob, trocken und temperamentvoll sind. Wir sprechen auch viel lauter als die Deutschen. Die Worte Danke, Bitte, Entschuldigung, Verzeihung, usw. werden viel öfter verwendet als gracias, perdón oder por favor. Ich musste mir Mühe geben, um diese Wörter öfter zu benutzen, oft fand ich es einfach lächerlich, immer noch bei mir vertrauten Leuten trotzdem bitte und danke sagen zu müssen. Ich habe es mittlerweile bestätigt bekommen, dass ich nicht die einzige bin, die das gespürt hat. Ich habe mich darüber mit meinen engen deutschen Freunden unterhalten und für sie war es am Anfang auch komisch, da mein Tonfall ihnen fremd war. In Bezug auf dieses Thema muss ich an das Frühstück denken. Es ist eine lustige und interessante Geschichte, die ich jetzt erzählen werde. Ich habe in Heidelberg 15 Monate in einem Studentenwohnheim gewohnt und seit zwei Jahren wohne ich in einer Wohngemeinschaft in Saarbrücken, und immer mit deutschen Mitbewohnern. Mit denen habe ich viele Frühstücke gemacht, die Stunden am Wochenende dauerten, mit allen Delikatessen, die man sich wünschen kann: Nutella, frischen Croissants, leckerem Brot, Käse, selbst gemachten Marmeladen u.a. Und ich musste immer denken: Wie viel Zeit wird verloren und wie viele Gespräche werden unterbrochen, um jemanden um die Milch, das Brot etc. zu bitten. Für mich waren diese Wörter, und diese ganzen Sätze unnötig und überflüssig, da ich einfach dachte: Wenn er mir nicht die Milch gibt, dann gebe ich ihm nachher auch nicht die Butter. Ich hätte es einfach mit einer Geste verlangt, oder mit so wenigen Worten wie möglich, z. B.: Gib mir die Milch, oder einfach: die Milch.

Es gibt viele andere Punkte, die mich zum Denken brachten und immer noch bringen. Ich bin zwangsläufig darauf angewiesen, über meine eigene Kultur zu reflektieren und mich damit zu konfrontieren. Ich empfinde diesen Prozess als positiv, aber auch mühsam. Wiederum habe ich mittlerweile auch Konflikte, wenn ich wieder nach Spanien komme, das empfinde ich eher als negativ, da ich langsam nicht mehr weiß, wo ich hingehöre.




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letzte Aktualisierung: 9. September 2005
actualizada: 9 de septiembre de 2005